Dass an der Leine zu gehen keine Bestrafung ist und es beim Leinenkontakt auch um gegenseitige Rücksicht geht, ist nicht für alle Hundebesitzer eine Selbstverständlichkeit. Unsere Autorin Nora Stankewitz beschreibt drei wichtige Regeln im Umgang mit Hunden an der Leine.

Immer wieder gerate ich mit meinem Vizsla-Rüden in die Situation, dass nicht angeleinte Hunde meinen angeleinten Hund beschnüffeln und bespielen wollen. Nicht selten beobachte ich auch, wie zwei angeleinte Hunde toben, sich verheddern oder gar beharken. Frauchen und Herrchen fliegen je nach Gewicht ihrer Hunde munter hinterher.

Mir wird dann immer ganz schlecht, denn die Hunde fühlen sich damit nicht wohl. Und wirklich positive Leinenbegegnungen beherrschen wohl die wenigsten Hund-Mensch-Teams. Zumindest konnte ich solche leider viel zu selten beobachten. Wir sind darin übrigens auch keine Meister. Aber das kann ja noch kommen.

Leine = Schutz

Ist der Hund angeleint befindet er sich nicht etwa in einem Strafmodus, sondern in einem Schutzbereich. Die Abmachung zwischen Vizsla Schorschi und mir soll heißen: Du gehst nicht raus, dafür kommt auch keiner rein. Dafür übernehme ich die Verantwortung. Nur leider kann ich mein Versprechen nicht immer halten. Weil aus dem Nichts auf einmal ein anderer Hund auftaucht und meinem Rüden schon am Arsch klebt, bevor ich überhaupt reagieren kann. Oder aber ein sich nähernder Hund, gerade noch brav bei Fuß laufend, eben doch losrennt und auf die Befehle von Frauchen pfeift.

Leinenkontakt ist tabu

Sätze wie „Na, die müssen sich doch mal begrüßen“ oder „Nur mal eben schnüffeln“ ärgern mich und zeigen mir, wie fragwürdig das Informationsverhalten vieler Hundebesitzer ist. Ist der Hund an der Leine, kann er sich nicht natürlich gegenüber Artgenossen verhalten. Er hat ja da so ein Ding am Hals.

Damit kann er weder auf Abstand gehen, wenn ihm danach ist, noch sich schnell umdrehen oder das Begegnungsritual unter Hunden durchgehen. Das heißt, er ist schutzlos, wenn ich ihm nicht helfe und die Situation kläre, im besten Fall den anderen Hund wegschicke. Was bleibt meinem Hund dann noch zu tun?

„Na, die müssen sich doch mal begrüßen“

 

Er kann aggressiv werden, sobald sich ihm an der Leine auch nur ein Hund nähert, damit er ja nicht erst rankommt. Oder er kann völlig verunsichert sein, sobald er an die Leine muss. Und dann wird das Leinegehen wirklich ein Muss, denn schön ist das Gefühl nicht, anderen Hunden schutzlos ausgeliefert zu sein.

Es könnte so einfach sein

Es gibt aber gerade für alle, die mit Hundebegegnungen an der Leine unsicher sind, ein paar einfache Regeln. Begegnet mir ein Hund an der Leine, leine ich meinen Hund auch an. Wir gehen mit genug Abstand aneinander vorbei. Schluss. Natürlich gibt es Situationen, in denen mal alles zu schnell geht und das einfach nicht hinhaut. Geschenkt. In den meisten Fällen, die ich erlebt habe, wäre das Anleinen aber gut machbar gewesen. Als Notlösung bleibt, den eigenen Hund abzuleinen, wenn der andere zu schnell auf einen zukommt oder nicht mehr abrufbar ist. Nur so hat mein Hund die Chance, sich adäquat zu verhalten, ohne dem anderen Hund ausgeliefert zu sein.

Was ich nicht verstehe, ist das Verhalten von uns Hundebesitzern. Warum glauben wir, unser Hund müsste wirklich zu jedem anderen Hund mal Kontakt haben? Warum glauben wir, alle Hunde sind immer froh gesinnt, wollen spielen und sind kerngesund? Warum glauben wir, unser Hund würde sich freuen, wenn wir ewig mit einem anderen Hundebesitzer palavern und sie sich an der Leine gegenseitig aushalten müssen?

Ich bin manchmal wirklich schockiert, wie wenig sich manche Hundebesitzer anscheinend über ihr Tier informieren, was ihm gut tut und was nicht. Wir tun unseren Hunden mit Leinenkontakt keinen Gefallen. Mal ganz abgesehen davon, dass mein Hund krank sein kann und ich ihn deshalb an der Leine führe, damit er andere nicht ansteckt. Mein Hund könnte verletzt sein und nicht rennen dürfen. Eine Hundin könnte läufig sein und Frauchen keinen Hundenachwuchs wollen. Und so weiter und so fort. Es geht also auch um einen rücksichtsvollen Umgang unter uns Hundebesitzern und darum, es zu respektieren, wenn kein Kontakt gewünscht ist. Die Leine ist dafür ein eindeutiges Zeichen.

Leinenkontakt: So bitte nicht

Noch eine kleine Anekdote: Ich laufe mit meinem Hund gemütlich durch die Landschaft. Da sehe ich weit vor mir zwei Hunde. Der eine an der Schleppleine, die hinter ihm her auf dem Boden schleift. Der andere an einer Flexi-Leine samt Halter. Jener Hund mit der Schleppleine hüpft fröhlich auf dem an der Flexi-Leine herum. Wirklich: Auf ihm herum! Der Hund an der Flexi hat natürlich das Bedürfnis, Abstand zu nehmen, und rennt immerzu und recht unkontrolliert von links nach rechts, jedenfalls immer weg vom Attackierhund.

Herrchen an der Flexi-Leine fliegt in hohem Bogen hinterher. Das geht so, bis ich die vier einhole und mit meinem angeleinten Hund vorbei möchte. Ich kann nicht anders und spreche die beiden Herrchen auf die üble Situation an. Für sie liegt völlig im Dunkeln, was ich meinen könnte. Als Antwort, warum Herrchen Flexi-Hund nicht ableine, meint er nur, sein Hund würde sich zurzeit so merkwürdig verhalten, irgendwie aggressiv werden, wenn ein anderer Hund sich ihnen näherte. The End.

Die für mich wichtigsten Punkte im Umgang mit der Leine

Ist ein anderer Hund an der Leine, leine ich meinen auch an. Egal, ob mitten im Wald oder auf dem Gehweg.

Kommt ein anderer Hund zu schnell auf uns zu, leine ich meinen Hund ab.

Kann ich meinen Hund nicht ableinen, stelle ich mich zwischen die Hunde und versuche den anderen wegzuschicken.

Und: Leinenbegegnungen können geübt werden. Aber das ist ein neuer Artikel.

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